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K. Kaufmann. 1989. BOOK 2: Proton Transport. Caruaru, Brazil.

Vorwort

Alle biologischen Membranen zeigen bei näherer Analyse eine einheitliche Grundstruktur: die Lipid-Doppelschicht-Membran. Im Vergleich zu den komplex anmutenden Membranproteinen erscheint das Lipid-Molekül die einfachst denkbare membranbildende Struktur: hydrophobe Kohlenwasserstoffketten und hydrophile, protonierbare Kopfgruppen stellen Prinzipien dar, welche der Bildung der Membranbarriere und, wie wir im folgenden begründen wollen, auch der Kontrolle des Transports durch Membranen zugrundeliegen.

Die von Danielli und Davson (1) sowie Robertson (2) vorgeschlagene Einheitsmembran (Abb.1) leitete viele Untersuchungen früherer Jahre in diesem Sinne. Aus verschiedenen Gründen wird aber seit geraumer Zeit der membranbildenden Lipiddoppelschicht keine direkte Rolle bei den Transportprozessen durch diese Membran mehr zugesprochen. Unter dem Eindruck der Induktion solcher Vorgänge durch Proteine wurden statt dessen Transportproteine in einer fluiden Mosaikmembran entworfen (3,4).

Da Proteine alleine aber keine Membranen bilden, enthalten die Systeme sämtlicher Untersuchungen von Membrantransporten notwendig auch Lipide. Schon deshalb kann gar nicht entschieden werden, ob der Transport tatsächlich durch die Proteine hindurch beziehungsweise mit diesen gemeinsam durch die Membran/ oder aber unmittelbar durch die Lipidkomponente der Membranen hindurch geschieht. In diesem Sinne ist also das Modell des Transportproteins nicht falsifizierbar.

Anders ist die Situation bei Untersuchungen an reinen Lipidmembranen, da diese alleine bereits Doppelschichtmembranen bilden(5). Zeigten diese nämlich keinerlei Transporteigenschaften, so könnte streng geschlossen werden, daß die reine Lipidkomponenten keine direkte Rolle beim Transport durch biologische Membranen spielen kann. Diese Falsifizierbarkeit impliziert natürlich, daß im gegenteiligen Falle gesicherte Erkenntnisse über den Transport durch reine Lipidmembranen mögllch sind.

Vorsorglich erwähnen wir den dann immer noch möglichen Einwand, unmeßbare Verunreinigungen mit Protein könnten auch Transporterscheinungen durch synthetische Lipidmembranen erklären. Sollten sich diese "Verunreinigungen" aber nicht von Lipiden unterscheiden lassen, können sie im Rahmen beobachtbarer Aussagen ausgeschlossen werden; denn behielte man das Bild des "Transportproteins" auch in diesem Falle bei, begäbe man sich in den Bereich nicht falsifizierbarer und damit inhaltsleerer Aussagen.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Evidenz des Ionentransports durch Lipidmembranen (6, 7, 8). Insbesondere betonen wir die Bedingungen, unter denen Proteine Ionentransport durch Lipidmembranen auslösen können. Als Beispiel erklären wir die Induktion von Ionenkanälen durch Acetylcholin wie folgt (1):
die Erregersubstanz Acetylcholin wird bei Applikation an cholinerge Membranen von dem Protein Acetylcholinesterase zunächst hydrolysiert; die dabei produzierten Protonen stören die Ordnung der Lipide und lösen auf diese Weise Ionenkanäle durch die Lipiddoppelschicht der Membran aus (Abb.2). Insbesondere zeigen wir in Kapitel

1. daß synthetische Lipidmembranen Ionenkanäle bilden können;

2. daß diese Eigenschaft auf den engen Bereich einer Ordnungsumwandlung beschränkt ist; und schließlich

3. daß unter anderem enzymatische Hydrolyse geeignet ist, eine solche Membranerregung auszulösen. Im Versuch einer theoretischen Deutung dieser Befunde beschreiben wir

- die durch Protonierung in Lipidmembranen auslösbaren makroskopischen Ordnungsfluktuationen (2,3)

- diejenigen mikroskopischen Defekte der Membran, welche zu den beobachteten Leitfähigkeitssprüngen ("Ionenkanäle") führen können

- eine mikroskopische Grundlage elektrochemischer Diffusion durch solche Defekte

Zum Schluß kommen wir auf die wesentliche Rolle der Proteine bei diesen Vorgängen zurück. Es wird gezeigt daß, abgesehen von der enzymatischen Kontrolle der Protonierung der Lipide, im Falle solch einfacher Diffusion durch Lipiddefekte die Proteine aufgrund ihrer besonderen Eigenpchaften

- Spezifität bezüglich transportierter Ionen, auslösender Erregersubstanz , sowie gegebenenfalls "aktiver" Riohtung des Transports aufprägen (Abb.3).

Auf diese prinzipiell einfache Weise kann die als Beispiel diskutierte Na-K-ATPase zum Aufbau eines spezifischen Na+-K+- Gradienten über der Membran führen, welcher sodann durch die Aktivität der Acetylcholinesterase abgebaut wird.